aktivesLinden Literatur01 * 19. Februar 2006

Poesie

Morgentanz

Ich tanzte des Morgens im Dämmer
die neblige Straße entlang.
Ich legte ein Grün wie für Lämmer
und füllte die Glocken mit Klang.

Ich weckte alle die Hunde,
erschien den Katzen als Maus,
flog morgenwindig eine Runde,
und bot mich den Raben zum Schmaus.

Verwandelte mich in Düfte,
und raubte im Schnee einen Kuß,
schritt sinnend durch die Lüfte,
bestäubte die Dohlen mit Ruß.

Ich was auch auf den Bäumen,
war nass wie ein Frosch im Tau,
kam vor in manchen Träumen,
und weiß es noch genau:

Ich tanzte des morgens im Dämmer
die nebelige Straße entlang
und war das "Ham" aller Hämmer
und sagte zum Leben: "Fang!"

Roland Balzer

Krähenreise

Wenn über Zelten der Taldschucken
der scharfe Frosthauch geht,
die Tannen sich vorm Winde ducken,
entlaubt die schöne Birke steht -

Dann steigen auf die schwarzen Scharen,
sie fliegen hier und flattern da,
"auf Brüder Abenteuer und Gefahren!"
Ein wildes heisres krah krah krah.

Und frechschwarz unterm Blauen
die Krähen laut den Himmel füllen.
So lang wie Menschen schauen,
so lang die Elche brüllen.

Es sind voll Wind die weiten Länder,
der Tod er lauert still und kalt.
Es haben auch die Flügel Ränder,
es ist auch manche schon zu alt.

Doch ist der harte Stamm gelehrig,
ein Baum kann eine Festung sein.
Sie sind die Letzten auf dem Herweg,
sind ungeliebt, doch nicht allein.

"So grau in grau, so schluchtdurchzogen,
so wimmelnd lärmend, voll Gestank,
hier Brüder sind wir nicht betrogen,
die Stadt kennt reichen Beutegang.

Man schläft auf Dächern, statt auf Ästen
und rudert überm Menschenvolk,
die fahren oft in Eisenkästen
und leben auch im großen Polk.

So schwarz wie unser Federkleid,
so krächzend heiser rauh,
wir fern von jeder Menschenzeit,
sind auf dem steinern Bau.

Sind Weitgereiste von althergebracht,
und sind auch balgend jung,
verlassen euch in einer Nacht
mit weitem sanften Flügelschwung.

Roland Balzer

Indianischer Spruch

In meinem Herzen
wohnt ein großer Vogel
seine Schwingen umfassen
alle Farben

Wenn er über
die Beschwernisse der Erde hinfliegt
bleibt sein Antlitz
der Sonne zugewandt

Und wie das heilige Herz des Inka
das in den Bergen ruht
kann keine Dunkelheit
seinen Sinn erreichen.

Roland Balzer